Bestimmt kennst du das auch: Fernsehen, Zeitung, die Sozialen Medien aber auch das unmittelbare soziale Umfeld vermitteln uns oft, dass nur perfekt gut genug ist. Nicht ohne Grund nimmt die Zahl der chronisch Unzufriedenen zu. Viele Menschen haben einen Hang zum Perfektionismus. Wie du ungesunden Perfektionismus erkennst und was du gegen ihn tun kannst, das verraten wir dir in diesem Artikel.
Schau dir hierzu auch unser Youtubevideo an.
Eine kleine Geschichte zum Perfektionismus
Ein Mönch hatte die Aufgabe in seinem Kloster eine Mauer zu bauen. Da er noch nie zuvor gemauert hatte, war diese Aufgabe nicht einfach. Aber er gab er sich die größte Mühe, alle 1000 Steine, die dafür nötig waren, gerade und gleichmäßig aufeinanderzusetzen und einzupassen.
Als die Mauer schließlich fertig war, trat er voller Stolz einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten. Da sah er – das durfte doch nicht wahr sein – dass zwei Steine schief in der Mauer saßen. Ein grauenhafter Anblick!
Viele Monate später, als Besucher des Klosters im Garten umherwanderten, fiel der Blick eines Gastes auf das Mauerwerk. „Das ist aber eine schöne Mauer!”, bemerkte er. „Mein Herr“, erwiderte der Mönch überrascht, „haben sie einen Sehfehler? Fallen ihnen denn nicht die beiden schiefen Mauersteine auf?“ Die nächsten Worte des Gastes veränderten die Einstellung des Mönches zu seiner Mauer, zu sich selbst und zu vielen anderen Aspekten des Lebens grundlegend. „Ja“, sagte der Gast, “ ich sehe die beiden mangelhaften Backsteine, aber ich sehe auch 998 gut eingesetzte Steine.“
Der Mönche war überwältigt. Zum ersten Mal sah er, neben den beiden mangelhaft eingesetzten Mauersteinen, auch die vielen anderen Steine. Sie alle waren perfekt eingesetzt. Bisher hatte er sich nur auf seine Fehler konzentriert und war allem anderen gegenüber blind gewesen.
(Buddhistische Geschichte)
Bildbeschreibung: Zu sehen ist die Silhouette eines Kopfes, in der “PERFEKT” geschrieben steht.
Ungesunder Perfektionismus
Der perfekte Partner, der perfekte Körper, die perfekte Karriere – Muss bei dir auch alles immer gleich die Perfektion sein? Erlaubst du dir, Fehler zu machen? Menschen mit einem ungesunden Perfektionismus sind willensstark und setzen hohe Ansprüche an ihre Leistung, was ja auf den ersten Blick auch okay ist. Das Ungesunde daran ist aber: Sie haben ein großes Verlangen nach Anerkennung und Beachtung, sie sind ständig damit beschäftigt sich zu optimieren und zu kontrollieren und können sich am erreichten Ziel nicht erfreuen. Dies kann zu Stress, oder im schlimmsten Falle zu einer Depression führen.
Gründe für Perfektionismus
Doch was steckt womöglich dahinter, hinter diesem Wahn zur Perfektion?
Oft ist die Ursache für Perfektionismus die Angst. Die Angst vor dem Scheitern, die Angst vor Ablehnung, die Angst vor sozialer Ausgrenzung oder die Angst vor Enttäuschung. Die Motive von ungesunden Perfektionisten für ihre hohen Anforderungen an sich selbst sind extrinsischer Natur. Anders – Menschen mit einem gesunden Perfektionismus verknüpfen ihre Ergebnisse nicht mit ihrem Selbstwert. Frei nach dem Motto: Hast du Ergebnisse oder bist du dein Ergebnis? Für sie gehören Fehler zum Lernen und zum Wachsen dazu. Auch sie haben hohe Ansprüche an sich – aber nicht für andere, sondern für sich selbst. Ihre Motive sind intrinsischer Natur.
Perfektionistinnen und Perfektionisten neigen dazu schnell ihre Belastungsgrenzen zu überschreiten. Pausen gibt es nicht, Überstunden schon eher. Was an Arbeit nicht geschafft wurde, wird mit nach Hause genommen. Alles ist durchgeplant, nichts wird dem Zufall überlassen. Nur mit ihrer Gesundheit gehen sie nachlässiger um. Werden der Stress und die Belastung chronisch, sind gesundheitliche Folgen wie Burnout schon vorprogrammiert.
Perfektionisten sind oft nicht kritikfähig. Sie sind selbst ihre größten Kritiker*innen und kommen mit Kritik von außen nicht klar. Kritik von anderen beziehen sie auf ihre Person und ihr Streben nach Selbstoptimierung verstärkt sich. So werden z.B. Projekte bis ins letzte Detail geplant, Analysen haben kein Ende. Das wiederum hemmt das Vorankommen. Die, die 120 Prozent erreichen wollen, schaffen es manchmal nicht, überhaupt ins Handeln zu kommen, und schaffen so im schlimmsten Fall nur 0 Prozent. Das Gegenteil von Perfektion also.
Wie du ungesunden Perfektionismus loswirst
So einfach ist es zwar nicht, aber Du kannst einiges tun:
Mache dir als aller erstes bewusst: in vielen Situationen des Lebens ist es nicht nötig 120 Prozent zu geben, es sei denn es handelt sich hier um Leben und Tod. Also, wenn du etwa als Herzchirurg arbeitest. Ansonsten musst du niemandem etwas beweisen.
Um zu erkennen, ob es sich um einen gesunden oder ungesunden Perfektionismus handelt, frage dich ob diese Leistung dir wirklich Freude bereitet. Ist diese Aufgabe es wert, mit hohen Ansprüchen daran zu gehen und 120 Prozent zu liefern? Wenn Du dich bei einem perfektionistischem Verhalten ertappst, frage dich, ob das hier wirklich erforderlich ist. Dann frage dich, ob hier nicht auch 80 Prozent gut genug sind? Das musst Du dir immer wieder bewusst machen. Bis es zu einer Gewohnheit wird. Du wirst feststellen, dass die fehlenden 20 Prozent niemandem auffallen und die Welt deshalb nicht untergeht.
Übe dich in Selbstliebe
Das heißt, akzeptiere dich mit all deinen unperfekten Eigenschaften. Denn wenn Du die ganze Zeit damit beschäftigt bist, den oder die perfekte*n Mitarbeiter*in zu spielen, wird dich das sehr viel Energie kosten, deinen Erfolg sabotieren und im schlimmsten Fall merken das deine Mitmenschen, dass Du dich hinter einer Fassade versteckst. Also, versuche, deine Schwächen zu akzeptieren und lenke deine Wahrnehmung auf die positiven Dinge, wie zum Beispiel auf deine Stärken und deine bisherigen Erfolge.
Akzeptiere die Tatsache, dass auch du Fehler machst
Ein ungesunder Perfektionismus kann verhindern, dass wir auch unsere Fehler und Makel akzeptieren. Dabei gehört beides zum Leben nun mal dazu. Wir lernen schließlich aus Fehlern mehr… als aus Erfolgen und das gerade ist doch auch eine Chance.
Trainiere dich in Kritikfähigkeit
Perfektionismus schützt dich nicht vor Ablehnung oder Kritik. Stärke deine Durchsetzungskraft. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie Du im beruflichen Kontext lernen kannst, dich besser durchzusetzen, dann schreibe uns gerne in die Kommentare.
Keep it simple
Verkompliziere die Dinge nicht und lege einfach los. Auf dem Weg zum Ziel kannst Du immer noch Dinge verbessern oder anpassen, aber das Todanalysieren des Perfektionismus hält dich davon ab ins Tun zu kommen.
Auf den Punkt gebracht: Nach Bestleistungen zu streben und hohe Ansprüche an sich zu stellen kann dich in deiner Karriere voranbringen, vorausgesetzt, du gehst konstruktiv mit Perfektionismus um und formulierst realistische Erwartungen an dich, deinen Partner oder deinen Job.
Perfektionismus kann aber auch krank machen. Wenn Du ein zufriedeneres Leben führen möchtest, dann habe Mut dazu, unperfekt sein.
Akzeptiere dich so, wie du bist, mit deinen ganz besonderen Ecken und Kanten und vergleiche dich nicht mit anderen, denn wie schon Sören Kierkegaard wusste: “Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“
Wir hoffen, dieser Artikel hat dir gefallen und dabei geholfen, mit deinem vielleicht vorhandenen Perfektionismus besser umzugehen!
Fatma Ismail & Hassan Ismail
Was andere Leser*innen dazu gelesen haben:
Wie du ab sofort für jedes Problem eine kreative Lösung findest (6 Tipps)